Durch das 3. Opferrechtsreformgesetz vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2525) wurde § 406g (Psychosoziale Prozessbegleitung) neu in die Strafprozessordnung aufgenommen. Nach § 406g Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) können sich Verletzte des Beistands einer psychosozialen Prozessbegleitein oder eines psychosozialen Prozessbegleiters bedienen.

Die Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung sowie die Anforderungen an die Qualifikation und die Vergütung des Prozessbegleiters richten sich nach dem Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2525, 2529).

Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besondere Form der nicht rechtlichen Begleitung für besonders schutzbedürftige Verletzte vor, während und nach der Hauptverhandlung in Strafsachen. Sie stellt eine Ergänzung zu den bereits bestehenden Angeboten der Opferhilfe bzw. Opferhilfeeinrichtungen dar und verfolgt das Ziel, die Belastung der Verletzten im Strafverfahren zu reduzieren. Die Verletzten sollen nicht durch das Verfahren selbst erneut zum Opfer und damit ein zweites Mal geschädigt werden. Psychosoziale Prozessbegleitung beinhaltet die Informationsvermittlung sowie die qualifizierte Betreuung und Unterstützung im gesamten Strafverfahren.

Psychosoziale Prozessbegleitung ist durch Neutralität im Strafverfahren und eine strikte Trennung zwischen Beratung und Begleitung geprägt. Sie umfasst weder die rechtliche Beratung des Verletzten noch die Aufklärung des Sachverhalts und darf nicht zu einer Beeinflussung der Zeugen führen. Psychosoziale Prozessbegleitung beinhaltet auch keine therapeutische Behandlung oder psychologische Beratung. Sollte Bedarf an solchen weitergehenden Hilfe- und Beratungsangeboten bestehen, können die Begleiter allerdings bei der Suche nach geeigneten Fachstellen helfen.

Psychosozialen Prozessbegleitern steht kein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Daher kann es zum Beispiel vorkommen, dass sie als Zeugen gegenüber der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht auch zum Inhalt von Gesprächen mit den von ihnen begleiteten Verletzten aussagen müssen.

Dem psychosozialen Prozessbegleiter ist es grundsätzlich gestattet, bei Vernehmungen des Verletzten und in der gerichtlichen Hauptverhandlung gemeinsam mit dem Verletzten anwesend zu sein (§ 406g Abs. 1 Satz 2 StPO). Die Anwesenheit bei einer Vernehmung kann ihm nur dann untersagt werden, wenn er dem Verletzten nicht gerichtlich beigeordnet wurde und seine Anwesenheit den Untersuchungszweck gefährden könnte (406g Abs. 4 Satz 1 StPO).

In bestimmten Fällen kann das zuständige Gericht dem Verletzten auf dessen Antrag einen psychosozialen Prozessbegleiter beiordnen. Diese Beiordnung ist dann für den Verletzten kostenfrei. Die Voraussetzungen sind in § 406g Abs. 3 Satz 1 und 2 StPO in Verbindung mit § 397a Abs. 1 StPO geregelt. Im Einzelfall kann ein Anspruch auf Beiordnung bestehen. Eine Beiordnung ist vor allem in folgenden Fällen möglich:

  • bei minderjährigen Opfern schwerer Sexual- und Gewaltstraftaten,
  • bei sonstigen Opfern schwerer Sexual- und Gewaltstraftaten, wenn diese ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können oder ihre besondere Schutzbedürftigkeit die Beiordnung erforderlich macht.

Als psychosoziale/r Prozessbegleiter/in im Sinne von § 406g StPO dürfen nur Personen auftreten, die zuvor anerkannt worden sind. Für das Gebiet des Freistaats Thüringen ist die Anerkennung von psychosozialen Prozessbegleitern im Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (ThürPsychPbAG) vom 14. Dezember 2016 (GVBl. S. 559) geregelt.

Entscheidungen über die Anerkennung trifft das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Dort wird ein Verzeichnis der in Thüringen anerkannten psychosozialen Prozessbegleiter geführt. Das Verzeichnis dient der Auswahl eines Prozessbegleiters durch das zuständige Gericht und der Information des Verletzten. Es kann (zum Beispiel durch die Polizei) an Verletzte ausgehändigt werden. Die in dem Verzeichnis enthaltenen Daten können auch veröffentlicht werden, soweit die anerkannte Person in die Veröffentlichung einwilligt. Das veröffentlichte Verzeichnis finden Sie im Anschluss an diesen Text.

Die Anerkennung einer Person als psychosozialer Prozessbegleiter oder psychosoziale Prozessbegleiterin in einem anderen Bundesland steht der Anerkennung in Thüringen gleich (§ 6 Abs. 1 ThürPsychPbAG). Das hat zur Folge, dass außerhalb Thüringens lebende Verletzte sich eines in der Nähe ihres Wohnorts tätigen psychosozialen Prozessbegleiters bedienen können und diese Person auch in Thüringen als anerkannt gilt. Die  anderen Bundesländer haben identische oder ähnliche Regelungen in ihre Ausführungsgesetze aufgenommen. Damit kann (je nach Landesrecht) auch für in Thüringen lebende Verletzte die Möglichkeit bestehen, sich bei Strafverfahren in anderen Bundesländern eines in Thüringen anerkannten psychosozialen Prozessbegleiters zu bedienen.

Voraussetzungen für die Anerkennung

Die Anerkennung von psychosozialen Prozessbegleiterinnen oder Prozessbegleitern ist im Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (ThürPsychPbAG) vom 14. Dezember 2016 (GVBl. S. 559) geregelt. Für Entscheidungen über die Anerkennung ist das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz zuständig.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung ergeben sich aus § 3 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) und § 1 ThürPsychPbAG.

Nach § 3 Abs. 1 PsychPbG müssen psychosoziale Prozessbegleiter/innen fachlich, persönlich und interdisziplinär qualifiziert sein. Die Einzelheiten sind in § 3 Abs. 2 bis 4 PsychPbG geregelt.

Ansprechpartner:

Stephanie Giegler
Soziale Dienste in der Justiz
Außenstelle Gotha
Justus-Perthes-Straße 2
99867 Gotha
Telefon: 0174 - 2603743

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Carsta Mentner
Soziale Dienste in der Justiz
Außenstelle Gera
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Susanne Wittek
Soziale Dienste in der Justiz
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